Am 09. Juni findet in Deutschland die Europawahl 2024 statt, das heißt wir befinden uns bereits in der „heißen Wahlkampfphase“, also dem Zeitraum der letzten vier Wochen vor der Wahl. Aus einer repräsentativen Online-Befragung von 26.158 Wahlberechtigten, die wir im unmittelbaren Anschluss an die letzte Bundestagswahl 2021 durchgeführt haben, wissen wir: kurzfristige Wahlentscheidungen nehmen zu. So traf damals bereits jede:r zweite Wähler:in erst in den letzten vier Wochen vor der Wahl die Wahlentscheidung für eine Partei.
Alle Ergebnisse der Studie gibt es hier nachzulesen.
Während sich die Gruppe der über 65-Jährigen – hier ist die Parteibindung noch deutlich stärker verankert – deutlich früher auf eine Partei festlegten, entschieden sich insbesondere jüngere Wähler:innen erst kurz vor der Wahl. Knapp ein Drittel der befragten 18 bis 34-Jährigen trafen ihre Wahlentscheidung bis zu einer Woche vorher, oder sogar erst am Wahltag selbst. Die spontanen Entscheidungen am Wahltag selbst fielen dabei überdurchschnittlich häufig zugunsten von AfD, FDP und den Sonstigen-Parteien aus.
Mit Blick auf die anstehende Europawahl vermuten wir eine weitere Zuspitzung dieser Entwicklungen. Dies liegt zum einen an der seit Langem zu beobachteten Abnahme der klassischen Parteibindung und an der geringen Wahlbeteiligung bei Europawahlen, bei denen Mobilisierung dadurch eine noch größere Rolle spielt, und zum anderen an der zunehmend verunsicherten Stimmung im Land, die insbesondere in der Anreihung multipler Krisen innerhalb der vergangenen vier Jahren begründet liegt.
Umso deutlicher ist die Bedeutung eines dynamischen und überzeugenden Wahlkampfes bis zum Wahltag. Parteien und Kandidat:innen müssen zum einen konsistent ihre Kernbotschaften unters Volk bringen, zum anderen aber auch flexibel bleiben und in der Lage sein, bis zum letzten Moment relevante Informationen zu liefern, um potenzielle Wähler:innen anzusprechen und zu überzeugen. Es wird darauf ankommen, die Aufmerksamkeit der Wähler:innen auch in der Schlussphase des Wahlkampfs zu gewinnen, um zu mobilisieren und sie von der eigenen Agenda zu überzeugen. Gerade für die demokratische Partien ist dies aktuell wichtiger denn ja, um kurzfristige Zugewinne zugunsten der AfD bestmöglich zu verhindern.