Studie fürs BMUV: Akzeptanz von Umweltpolitik

Für eine gelungene Umwelt- und Naturschutzpolitik müssen Einstellungen, Verhaltensweisen und Überzeugungen der Bevölkerung bei umwelt- und naturschutzpolitischen Fragen bekannt sein und verstanden werden. Nur so kann eine wirkungsvolle kommunikative Begleitung für eine erfolgreiche Vermittlung von Themen und Maßnahmen in diesem Bereich erfolgen – sodass die Gesellschaft diese letztlich auch mittragen wird. Für das BMUV haben wir deshalb drei Jahre 2022 bis 2024 Forschung betrieben.

Segmentierung der Bevölkerung

Die Studie basiert dabei auf unserer Vorangegangenen Forschung für das BMUV und repliziert die in diesem Rahmen eigens für das BMUV entwickelte Segmentierung der Bevölkerung in Klima- und Umweltbewusstseinstypen. Die Einteilung erfolgt dabei auf Basis von Problembewusstsein und eigenen finanziellen, kognitiven und zeitlichen Ressourcen. Insgesamt gibt es sechs Segmente: Progressive Ungeduldige, Prekäre Überzeugte, Aktivierbare Optimistische, Kostenbewusste Pragmatische, Ambivalente Zweifelnde und Ideologische Skeptische.

Von Krisen zur (politischen) Vertrauenskrise

Die russische Invasion in der Ukraine hat das Sicherheitsgefühl der Teilnehmer stark beeinträchtigt, wodurch Frieden, Wohlstand und Sicherheit als bedroht wahrgenommen werden. Seit Juni 2022 wurden diese Ängste zwar etwas weniger intensiv, aber eine allgemeine Krisenmüdigkeit und Erschöpfung bestehen weiterhin. Der Zukunftspessimismus wächst, und „Zukunft“ wird zunehmend negativ gesehen. Inflation, steigende Energiepreise und die drohende Rezession verstärken die Ängste, besonders bei Menschen mit niedrigen finanziellen Ressourcen. Die allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik und den grundlegenden Strukturen führt zu einem geringen Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Politik, und viele glauben, dass sich Deutschland in die falsche Richtung bewegt. Insbesondere die Ideologischen Skeptischen und Ambivalenten Zweifelnden haben eine besondere Skepsis gegenüber politischen Maßnahmen und Lösungen, was sie in ihrer negativen Erwartungshaltung bestärkt. Begleitet wird dieser Vertrauensverlust zudem von dem weit verbreiteten Eindruck, dass Politik Bürger*innen derzeit zu viel zumutet. Jede*r zweite Bürger*in fühlt sich von Veränderungen in Gesellschaft und Politik derzeit überfordert, die Veränderungsbereitschaft ist entsprechend gering.

Verschiebungen zeigen sich auch bei der Themenpriorisierung der Bürger*innen

Auf der politischen Themenagenda gab es während des Forschungszeitraums zuletzt signifikante Verschiebungen: Offen nach den größten Herausforderungen für Deutschland in den nächsten 10 bis 20 Jahren gefragt – also ohne vorgegebene Antwortkategorien –, nennen im Oktober 2023 nur noch 29 Prozent Klima- und Umweltschutz im Vergleich zu 40 Prozent im September 2022. Das ist der geringste Wert seit Erhebungsbeginn 2019. Zum ersten Mal liegt mit 9 Prozentpunkten Abstand ein Thema deutlich darüber: Migration.

Was bedeutet das für die Akzeptanz von Umwelt- und Naturschutz?

Auch wenn alle Segmente „Natur“ und „Umwelt“ positiv wahrnehmen und über positive Berührungspunkte verfügen, spiegelt sich dies nicht bei allen in einer hohen Akzeptanz von Maßnahmen wider. Ideologische Skeptische und Ambivalente Zweifelnde empfinden keinen großen Problemdruck in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Sie lehnen daher engagierte Umweltpolitik ab. Kostenbewusste Pragmatische und Prekäre Überzeugte befürchten eine Verschlechterung bei Natur und Umwelt, sehen Wirtschaft und Industrie als hauptverantwortlich und fordern politisches Eingreifen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die allen helfen, zum Umweltschutz beizutragen. Aktivierbare Optimistische und Progressive Ungeduldige nehmen drastische Verschlechterungen wahr. Beide Gruppen fordern sowohl Eigenverantwortung als auch verbindliche politische Vorgaben für alle Beteiligten.

Insgesamt ist der Anteil derjenigen, die sich von den Bundesregierungen mehr Anstrengungen im Klimaschutz wünschen, ist in den letzten drei Jahren von 61 Prozent auf 41 Prozent gesunken. Der Anteil derjenigen, die diese als zu groß kritisieren, hat sich im selben Zeitraum von 14 auf 34 Prozent mehr als verdoppelt.

Was bedeutet das für die Kommunikation zu Umwelt- und Klimaschutz?

  1. Positive Narrative verwenden: Positive Ziele und bereits erzielte Erfolge betonen, um die Motivation zu steigern und Selbstwirksamkeitsgefühle zu stärken.
  2. Alltägliche Zugänge nutzen: Bestehende positive Erfahrungen mit Natur und Umwelt, wie Gesundheit, Erholung und Tierschutz, aufgreifen.
  3. Einfache Sprache verwenden: Fachtermini vermeiden und auf verständliche, niedrigschwellige Kommunikation setzen.
  4. Verluste und Risiken klar kennzeichnen: Problemlagen immer in Kombination mit deren Lösbarkeit und entsprechenden Lösungen kommunizieren.
  5. Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit stärken: Erfolge politischer Entscheidungen und deren positive Auswirkungen zeigen.
  6. Das „Warum“ betonen: Die Gründe und den Nutzen von Maßnahmen erläutern, um deren Legitimität zu verdeutlichen.
  7. Multiplikator*innen nutzen: Starke Fürsprecher*innen einsetzen und konsistente Argumentation verwenden, um Pro-Argumente zu verankern.
  8. Gegenargumente antizipieren: Kommunikative Gegenstrategien vorbereiten, um auf bekannte Gegenargumente reagieren zu können.

Methodische Hinweise

Für das Vorhaben wurde ein mehrstufiger Forschungsprozess mit verschränkten Methoden gewählt: Durch Fokusgruppen, Tiefeninterviews und eine Stakeholderbefragung wurden qualitative Erkenntnisse gewonnen, die anschließend in zwei repräsentativen Befragungen quantitativ abgesichert und validiert wurden.